Wilhelm von Humboldt (1767–1835) wird in Halbfigur am Schreibtisch seines Arbeitszimmers auf Schloss Tegel dargestellt. Auf der Brust des dunklen Gehrocks ist das Eiserne Kreuz zu erkennen (vgl. Gritzner 1893, S. 389), der Ordensstern darüber ließ sich nicht identifizieren. Das Porträt entstand nach 1820, nachdem Schloss Tegel durch Friedrich Schinkel zu einer »Wohnung mit Gips und Marmor« (zit. nach NDB 10, 1974, S. 48) umgebaut worden war. Die dargestellten Plastiken sind weitgehend bekannt: Die schwebende Viktoria auf dem Adler, mittig über Humboldts Kopf, ist ein Abguss der rückseitigen Sockelplatte des Berliner Denkmals für General Friedrich Wilhelm Graf Bülow von Dennewitz. Christian Daniel Rauch modellierte den Entwurf hierfür im Februar 1820 (Simson 1996, S. 127). Rechts und links davon hängen Gipsabgüsse nach Bruchstücken des Parthenonfrieses. Am linken Bildrand erkennt man eine Nachbildung der Venus von Milo (Musée du Louvre Paris) und davor einen kleinen, unbekannten Frauentorso. Diese Plastiken haben sich im Inventar von Schloss Tegel erhalten. Auch der Schreibtisch und der Armlehnsessel entsprechen der alten Einrichtung von Humboldts Arbeitszimmer, die Möbelstücke sind jedoch seit der sowjetischen Besatzung 1945 verschollen (Mitteilung von Ulrich von Heinz, Schloss Tegel, 18. Januar 1980; Bildakte). Bei der Frauenbüste rechts handelt es sich schließlich um das von Bertel Thorvaldsen 1805 in Rom modellierte Bildnis Caroline von Humboldts. Ein um 1826 von Louise Henry gezeichnetes Stammbuchblatt mit dem Porträt Humboldts in seinem Arbeitzimmer zeigt ein sehr ähnliches Interieur (Schloss Charlottenburg; Hinweis von Helmut Börsch-Supan, 2. September 2007; Bildakte). Da Louise Henrys Bildnis von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius in seinem Berliner Arbeitszimmer (vgl. IV- 01726) stilistisch dem Humboldt- Porträt sehr nahesteht, ist eine Zuschreibung an sie zu erwägen. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 360)
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