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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum Gemäldesammlung [IV-1967-016] Archiv 2023-01-13 12:57:18 Vergleich

David d' Angers modelliert die Büste Ludwig Tiecks

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3[Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum](https://hessen.museum-digital.de/institution/1)3[Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum](https://hessen.museum-digital.de/institution/1)
4Sammlung: [Gemäldesammlung](https://hessen.museum-digital.de/collection/49)4Sammlung: [Gemäldesammlung](https://hessen.museum-digital.de/collection/49)
5numero di inventario: IV-1967-0165Inventarnummer: IV-1967-016
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7Beschreibung7Beschreibung
8Das Gemälde ist die dritte eigenhändige Fassung des Sujets, das Vogel entscheidend verändert und weiterentwickelt hat. Die Raumstruktur wird großzügiger bemessen als in der Erstfassung, die Ausstattung mit Kunstobjekten verändert, das Kolorit nuanciert und der Personenkreis erweitert. Carl August Böttiger, Alexander von Ungern-Sternberg und Karl Förster kommen neu hinzu, und Carus wird durch Moritz Steinla ersetzt. Eine datierte Vorzeichnung mit demselben Motivbestand lässt auf das Entstehungsjahr 1836 schließen. Im selben Jahr gelangte zu Tiecks 63. Geburtstag die vollendete Marmorbüste nach Dresden (heute: Sächsische Landesbibliothek). Der Aufbau der Komposition ist bei aller Komplexität klar gegliedert. Der hellgrün getünchte Innenraum mit dem breiten Stuckfries wird durch ein Fenster von links oben beleuchtet, eine Lichtregie, die das Zentrum mit der Büste betont und die individuellen Züge der Dargestellten plastisch hervortreten lässt. Von links nach rechts gelesen, schiebt sich gleich am Bildrand eine große, umgekehrte Leinwand in den Raum und weist ihn als Maleratelier aus. Vogel zeigt sich im Selbstbildnis mit Hausrock und Nickelbrille neben der Leinwand; Palette, Pinsel und Malstock vergegenwärtigen den Akt der künstlerischen Produktion. Dabei schaut ihm der Shakespeare -Übersetzer Wolf Graf Baudissin über die Schulter. Links hinter dem Maler sitzt etwas abgesondert der klassische Philologe und Archäologe Carl August Böttiger, der zeitweise in Weimar lebte, wegen seines Hangs zur Intrige bei Schiller und Goethe in Ungnade fiel und mit dem Spottnamen »Magister Ubique« bedacht wurde. Unter dem Namen »Ubique« spielt er eine Rolle in Tiecks Novelle »Die Vogelscheuche« (Kat. Frankfurt 1999 (Dichter), S. 228). Die nächste Gruppe schart sich um die Büste Tiecks, die im Zentrum der Komposition auf einem dreibeinigen hölzernen Gestell steht, woran als Hinweis auf den Werkstoff ein Sack mit Gips lehnt. Die Büste in scharf konturierter Seitenansicht erinnert an David d’Angers Vorliebe für Porträts im Profil; für seine umfangreiche »Galerie des Contemporains« hielt er die Bildnisse berühmter Zeitgenossen in Reliefmedaillons fest. Eine Reihe dieser Medaillons schmückt, quadratisch gerahmt, die Fensterlaibung des Ateliers. Das große Fenster, das unten verhängt ist, um ein ideales Arbeitslicht zu erzeugen, gibt im oberen Teil den Blick auf den Himmel frei; es muss zur Elbe hinausgehen, da ein Schiffsmast mit rotem Wimpel und Segel sichtbar wird. Der kräftige Lichteinfall lässt die Züge der Gipsbüste plastisch hervortreten und hell aufleuchten. Der weiße Arbeitskittel des Bildhauers, der in der Erstfassung noch einen dunklen Rock trägt, fasst Werk und Schöpfer zu einer formalen und inhaltlichen Einheit zusammen, die durch die modellierende Geste unterstrichen wird. David d’Angers steht in eleganter Haltung auf einem Schemel, um die hoch gestellte Büste zu erreichen, doch die Erhöhung gilt auch dem Künstler selbst, zu dessen Ehren sich die Versammlung eingefunden hat. Ihn umringt eine Gruppe aufmerksamer Zuschauer: der Petrarca- und Tasso-Übersetzer Karl August Förster, der Altertumsforscher und Maler Otto Magnus Baron von Stackelberg, der Kupferstecher Moritz Steinla und der Unterhaltungsschriftsteller Alexander Freiherr von Ungern-Sternberg . Rechts ist im vollen Einfall des Tageslichts schließlich Tieck zu sehen, der »König der Romantik«, wie Friedrich Hebbel (vgl. IV-00480) ihn in seinem Nachruf nannte. Seine Erhöhung wird kunstvoll inszeniert: Auf einem Podest, das ein Teppich schmückt, thront er im dunklen Rock majestätisch auf einem Sessel. Hinter ihm neigt sich seine Tochter Dorothea in vertraulicher Haltung über die Lehne, in der Hand ein Buch, aus dem sie dem Vater während der ermüdenden Sitzung vorgelesen hat. Auf der anderen Seite nähert sich ein Knabe, der andächtig zu Tieck aufschaut und seine Hand ergreift. Das einzige Kind in der Gruppe ist Johannes Vogel von Vogelstein , der Sohn des Malers; beide werden durch das Grün ihres Gewands aufeinander bezogen. Vielleicht steht die Anwesenheit des Knaben mit dem frischen Gesicht in Zusammenhang mit der generellen Bedeutung des Kindes für die Frühromantik. Bedeutsam ist auch der große Gemäldekarton, der hinter Tieck an der Rückwand lehnt. Es ist der Entwurf für ein Altarbild mit der Madonna in den Wolken und zwei Heiligen, das Vogel 1830 in der Pillnitzer Schlosskapelle ausführte (vgl. Kat. Dresden 1988, Nr. 26). Als Vorbild diente unverkennbar Raffaels »Sixtinische Madonna« in der Dresdner Gemäldegalerie. Tieck und Vogel teilten die Verehrung für den »göttlichen« Raffael, der als Künstleridol der Romantik auch in effigie anwesend ist: Eine Kopie seines Selbstbildnisses in den Uffizien in Florenz ist programmatisch über dem Eingang des Ateliers angebracht. Als Frontispiz schmückt das Raffael-Porträt zwei der wirkungsmächtigsten Schriften der Frühromantik: Wilhelm Heinrich Wackenroders »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« (1796), die von Tieck herausgegeben wurden, und Tiecks eigenen Künstlerroman »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798). Huldigen Tieck und Vogel dem romantischen Ideal, wird David d’Angers antinomisch als Protagonist einer klassizistischen und realistischen Richtung vorgestellt, wie sie in der großen Büste zum Ausdruck gelangt. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 339-340)8Das Gemälde ist die dritte eigenhändige Fassung des Sujets, das Vogel entscheidend verändert und weiterentwickelt hat. Die Raumstruktur wird großzügiger bemessen als in der Erstfassung, die Ausstattung mit Kunstobjekten verändert, das Kolorit nuanciert und der Personenkreis erweitert. Carl August Böttiger, Alexander von Ungern-Sternberg und Karl Förster kommen neu hinzu, und Carus wird durch Moritz Steinla ersetzt. Eine datierte Vorzeichnung mit demselben Motivbestand lässt auf das Entstehungsjahr 1836 schließen. Im selben Jahr gelangte zu Tiecks 63. Geburtstag die vollendete Marmorbüste nach Dresden (heute: Sächsische Landesbibliothek). Der Aufbau der Komposition ist bei aller Komplexität klar gegliedert. Der hellgrün getünchte Innenraum mit dem breiten Stuckfries wird durch ein Fenster von links oben beleuchtet, eine Lichtregie, die das Zentrum mit der Büste betont und die individuellen Züge der Dargestellten plastisch hervortreten lässt. Von links nach rechts gelesen, schiebt sich gleich am Bildrand eine große, umgekehrte Leinwand in den Raum und weist ihn als Maleratelier aus. Vogel zeigt sich im Selbstbildnis mit Hausrock und Nickelbrille neben der Leinwand; Palette, Pinsel und Malstock vergegenwärtigen den Akt der künstlerischen Produktion. Dabei schaut ihm der Shakespeare -Übersetzer Wolf Graf Baudissin über die Schulter. Links hinter dem Maler sitzt etwas abgesondert der klassische Philologe und Archäologe Carl August Böttiger, der zeitweise in Weimar lebte, wegen seines Hangs zur Intrige bei Schiller und Goethe in Ungnade fiel und mit dem Spottnamen »Magister Ubique« bedacht wurde. Unter dem Namen »Ubique« spielt er eine Rolle in Tiecks Novelle »Die Vogelscheuche« (Kat. Frankfurt 1999 (Dichter), S. 228). Die nächste Gruppe schart sich um die Büste Tiecks, die im Zentrum der Komposition auf einem dreibeinigen hölzernen Gestell steht, woran als Hinweis auf den Werkstoff ein Sack mit Gips lehnt. Die Büste in scharf konturierter Seitenansicht erinnert an David d’Angers Vorliebe für Porträts im Profil; für seine umfangreiche »Galerie des Contemporains« hielt er die Bildnisse berühmter Zeitgenossen in Reliefmedaillons fest. Eine Reihe dieser Medaillons schmückt, quadratisch gerahmt, die Fensterlaibung des Ateliers. Das große Fenster, das unten verhängt ist, um ein ideales Arbeitslicht zu erzeugen, gibt im oberen Teil den Blick auf den Himmel frei; es muss zur Elbe hinausgehen, da ein Schiffsmast mit rotem Wimpel und Segel sichtbar wird. Der kräftige Lichteinfall lässt die Züge der Gipsbüste plastisch hervortreten und hell aufleuchten. Der weiße Arbeitskittel des Bildhauers, der in der Erstfassung noch einen dunklen Rock trägt, fasst Werk und Schöpfer zu einer formalen und inhaltlichen Einheit zusammen, die durch die modellierende Geste unterstrichen wird. David d’Angers steht in eleganter Haltung auf einem Schemel, um die hoch gestellte Büste zu erreichen, doch die Erhöhung gilt auch dem Künstler selbst, zu dessen Ehren sich die Versammlung eingefunden hat. Ihn umringt eine Gruppe aufmerksamer Zuschauer: der Petrarca- und Tasso-Übersetzer Karl August Förster, der Altertumsforscher und Maler Otto Magnus Baron von Stackelberg, der Kupferstecher Moritz Steinla und der Unterhaltungsschriftsteller Alexander Freiherr von Ungern-Sternberg . Rechts ist im vollen Einfall des Tageslichts schließlich Tieck zu sehen, der »König der Romantik«, wie Friedrich Hebbel (vgl. IV-00480) ihn in seinem Nachruf nannte. Seine Erhöhung wird kunstvoll inszeniert: Auf einem Podest, das ein Teppich schmückt, thront er im dunklen Rock majestätisch auf einem Sessel. Hinter ihm neigt sich seine Tochter Dorothea in vertraulicher Haltung über die Lehne, in der Hand ein Buch, aus dem sie dem Vater während der ermüdenden Sitzung vorgelesen hat. Auf der anderen Seite nähert sich ein Knabe, der andächtig zu Tieck aufschaut und seine Hand ergreift. Das einzige Kind in der Gruppe ist Johannes Vogel von Vogelstein , der Sohn des Malers; beide werden durch das Grün ihres Gewands aufeinander bezogen. Vielleicht steht die Anwesenheit des Knaben mit dem frischen Gesicht in Zusammenhang mit der generellen Bedeutung des Kindes für die Frühromantik. Bedeutsam ist auch der große Gemäldekarton, der hinter Tieck an der Rückwand lehnt. Es ist der Entwurf für ein Altarbild mit der Madonna in den Wolken und zwei Heiligen, das Vogel 1830 in der Pillnitzer Schlosskapelle ausführte (vgl. Kat. Dresden 1988, Nr. 26). Als Vorbild diente unverkennbar Raffaels »Sixtinische Madonna« in der Dresdner Gemäldegalerie. Tieck und Vogel teilten die Verehrung für den »göttlichen« Raffael, der als Künstleridol der Romantik auch in effigie anwesend ist: Eine Kopie seines Selbstbildnisses in den Uffizien in Florenz ist programmatisch über dem Eingang des Ateliers angebracht. Als Frontispiz schmückt das Raffael-Porträt zwei der wirkungsmächtigsten Schriften der Frühromantik: Wilhelm Heinrich Wackenroders »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« (1796), die von Tieck herausgegeben wurden, und Tiecks eigenen Künstlerroman »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798). Huldigen Tieck und Vogel dem romantischen Ideal, wird David d’Angers antinomisch als Protagonist einer klassizistischen und realistischen Richtung vorgestellt, wie sie in der großen Büste zum Ausdruck gelangt. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 339-340)
75- Wurde abgebildet (Akteur) ...75- Wurde abgebildet (Akteur) ...
76 + wer: [Carl Christian Vogel von Vogelstein (1788-1868)](https://hessen.museum-digital.de/people/7709)76 + wer: [Carl Christian Vogel von Vogelstein (1788-1868)](https://hessen.museum-digital.de/people/7709)
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78## Bezug zu Personen oder Körperschaften
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80- [Führermuseum](https://hessen.museum-digital.de/people/259565)
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78## Teil von82## Teil von
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80- [Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen](https://hessen.museum-digital.de/series/597)84- [Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen](https://hessen.museum-digital.de/series/597)
90- [Deutsches Zentrum Kulturgutverluste](https://www.kulturgutverluste.de/de)94- [Deutsches Zentrum Kulturgutverluste](https://www.kulturgutverluste.de/de)
91- [Erklärung "Kunstmuseum Linz" (Beitrag österreichisches Lexikon Provenienzforschung)](https://www.lexikon-provenienzforschung.org/kunstmuseum-linz)95- [Erklärung "Kunstmuseum Linz" (Beitrag österreichisches Lexikon Provenienzforschung)](https://www.lexikon-provenienzforschung.org/kunstmuseum-linz)
92- [gleiches Motiv](https://www.bildindex.de/document/obj00032738)96- [gleiches Motiv](https://www.bildindex.de/document/obj00032738)
93- [Lost Art Internet Database](https://www.lostart.de/Webs/DE/LostArt/Index.html)
94- [Wikipedia-Eintrag für "Linzer Sammlung" (Sonderauftrag Linz | Kunstmuseum Linz)](https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderauftrag_Linz)97- [Wikipedia-Eintrag für "Linzer Sammlung" (Sonderauftrag Linz | Kunstmuseum Linz)](https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderauftrag_Linz)
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96## Schlagworte99## Schlagworte
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98- [Atelier](https://hessen.museum-digital.de/tag/8857)101- [Atelier](https://hessen.museum-digital.de/tag/8857)
99- [Ereignisbild](https://hessen.museum-digital.de/tag/4042)102- [Ereignisbild](https://hessen.museum-digital.de/tag/4042)
100- [Führermuseum](https://hessen.museum-digital.de/tag/124475)
101- [Gemälde](https://hessen.museum-digital.de/tag/266)103- [Gemälde](https://hessen.museum-digital.de/tag/266)
102- [Gruppenporträt](https://hessen.museum-digital.de/tag/40689)104- [Gruppenporträt](https://hessen.museum-digital.de/tag/40689)
103- [Malerei](https://hessen.museum-digital.de/tag/106)105- [Malerei](https://hessen.museum-digital.de/tag/106)
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111Stand der Information: 2023-01-13 12:57:18113Stand der Information: 2024-01-29 16:45:31
112[CC BY-NC-SA @ Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)114[CC BY-NC-SA @ Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

Objekt aus: Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

Das 1859 gegründete Freie Deutsche Hochstift zählt zu den ältesten literatur- und kunstwissenschaftlichen Forschungsinstituten Deutschlands und ist...

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