Die Radierung zeigt den niederländischen Maler Karel Dujardin. Sie entstand nach einer Vorlage, die Ludwig Emil Grimm in München zur Verfügung gestanden haben muss, zumindest hat er unten rechts „fec: München 1816“ vermerkt.
Nach seiner Teilnahme am Frankreichfeldzug nahm Grimm 1815 sein Studium in München wieder auf. Es ist vorstellbar, dass er die Vorlage für diese Radierung in der Sammlung seines Lehrers Karl Ernst Christoph Hess (1755-1828) fand. Hess war ihm nicht nur Lehrer, sondern auch ein väterlicher Freund, bei dem Grimm häufig seine Abende verbrachte. Gemeinsam mit Hess und dessen Söhnen sprach Grimm oft über Kunst oder betrachtete seltene Kupferstiche, wie er selbst berichtet: „es wurden seltene Kupferstiche betrachtet“ (Ludwig Emil Grimm, zit. n. Ludwig Emil Grimm: Lebenserinnerungen des Malerbruders, hrsg. v. Heiner Boehncke u. Albert Sarkowicz, Berlin 2015, S. 75).
Ob die Vorlage für Grimms Radierung ein Stich oder eine Zeichnung war, lässt sich aus seinem Werkverzeichnis entnehmen, wo er vermerkt, dass die Radierung „nach einer [alten] Handzeichnung“ entstanden sei (s. Inv.-Nr. 6.1.146 und Inv.-Nr. 6.1.147). Ein Vergleich mit anderen druckgrafischen Blättern unterstützt diese Annahme. Im British Museum befinden sich zwei Stiche von Benjamin Phelps Gibbon (1802-1851), die seitenverkehrt das gleiche Bildnis von Karel Dujardin zeigen (Inv.-Nr. Sheepshanks-806, Inv.-Nr. Sheepshanks-807), wobei die einzige Abweichung im Gewand zu finden ist. Darüber hinaus zeigt eines der Blätter (Sheepshanks-806) im Hintergrund ein angeschnittenes Landschaftsbild mit Kühen.
Beide Stiche fertigte Gibbon nach einem Gemälde an, das Ferdinand Bol (1616-1680) zugeschrieben wird, dessen Identität eine Zeichnung von Jan Stolker (1724-1785) konkretisiert (RKD - Netherlands Institute for Art History). Die Zeichnung bildet das Ferdinand Bol zugeschriebene Original im Ganzen ab: Karel Dujardin steht an einem Tisch, seine rechte Hand selbstbewusst in die Hüfte gestützt, während der linke Unterarm auf dem Tisch ruht. In der gelassen herabhängenden Hand hält er seine Handschuhe. Auf dem Tisch liegen zwei Folianten, und das Landschaftsbild an der Wand erweist sich als Blatt, wohl ein Stich, unter dem zu lesen ist: „Ferd: Bol Pinxt: / 1658 / AEtatis 23“, wobei sich letztere Angabe eher auf den porträtierten Karel Dujardin bezieht, dessen Geburtsjahr in der Beschriftung unter dem Bild mit 1635 angegeben ist.