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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen

Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen

Das 1859 gegründete Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum war in den Jahren zwischen 1933 und 1945 nach den Goethe-Stätten und Sammlungseinrichtungen in Weimar die zweite zentrale museale Einrichtung zum Leben Johann Wolfgang von Goethes mit Forschungs- und Sammlungsauftrag.

Das langfristige Forschungsprojekt zielt darauf ab, wissenschaftlich fundiert und systematisch zu überprüfen, in welchem Umfang sich in den Kunstsammlungen (Gemälde, Grafik, Kleinplastiken etc.) des Freien Deutschen Hochstifts / Frankfurter Goethe-Museums Objekte befinden, deren Erwerb in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945 nachweislich oder zunächst auch nur vermutlich unter rechtlich und/oder moralisch-ethisch zweifelhaften Umständen erfolgte.

Dabei werden die im besagten Zeitraum erworbenen Sammlungsbestände erstmals systematisch überprüft (soweit möglich auch Nachkriegserwerbungen, für die sich Verdachtsmomente ergeben haben) und im Hinblick auf mögliche Restitutionsfälle bewertet. Bei der Überprüfung der 62 Gemälde, die zwischen 1933 und 1945 erworben wurden, hilft der Bestandskatalog des Goethe-Museums aus dem Jahr 2011, der bereits zahlreiche Provenienzangaben enthält. Da im Spätsommer 2021 das Deutsche Romantik-Museum am Großen Hirschgraben eröffnet wird, hilft die Provenienzrecherche dabei, sicherzustellen, dass die öffentlich gezeigten Objekte der Kunstsammlungen unbelastet sind.

Projektlaufzeit:
01.01.2019 - 30.09.2021

Finanziert vom:
Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (www.kulturgutverluste.de)

Projektleiter: Dr. Joachim Seng
Projektbearbeiterin: Dr. Anja Heuß

[ 250 Objekte ]

Das Willemerhäuschen

Eine Ansicht des Willemerhäuschens auf dem Mühlberg in Sachsenhausen; ruhige, ausgeglichene Komposition; das kleine Anwesen mit den dazugehörigen Nebengebäuden und Garten beherrscht die rechte Bildhälfte; rechts schließt das Bild mit einer langen Steinmauer ab, die parallel zu einem schmalen Pfad verläuft, der sich vom unteren Bildrand in den Bildhintergrund windet und somit Raumtiefe erzeugt; aufgelockert ist die Darstellung durch kleine Figurenstaffage. Werkverzeichnis: Eichenauer 77

Bettine von Arnim, geb. Brentano

Interieurdarstellung von Bettine von Arnims Berliner Wohnung "Unter den Zelten", Blick in den "Roten Salon". Vorn sitzt Bettine, nach links gewendet, in einem grünen Sessel und vor einem Klavier, darauf durcheinander Notenblätter und Bücher. Sie trägt Witwentracht, das Kinn ist nachdenklich auf den rechten Arm gestützt; mit der linken Hand hält sie ein Buch und einige Briefe, die sie als literarische und schriftstellerische Persönlichkeit kennzeichnen. Oben links ist schemenhaft das Modell ihres Goethe-Denkmals zu sehen, an dem sie seit 1824 über lange Zeit gearbeitet hatte. Oben rechts angeschnitten erkennt man das Gemälde "Blick auf den Golf von Neapel" von Carl Blechen, den Bettine in seinen letzten Jahren unterstützte. Das Werk mit heute unbekanntem Verbleib befand sich in ihrem Besitz und hing genau an dieser Stelle. Vorstufe / steht in Bezug zu: Quartettabend bei Bettine von Arnim, um 1854/56. Aquarell über Bleistift, 323 x 261 mm. (FDH, Inv. Nr. III-12866)

Johann Heinrich Voss der Jüngere

Gareis stellt Voss als Brustbild im Dreiviertelprofil vor neutral dunklem Grund dar, mit in die Ferne gerichtetem, doch gleichermaßen in sich gekehrtem Blick. Der einfach geschnittene, dunkelblaugraue Rock mit schwarzem Kragen über gestreifter Weste, die doppelt um den Hals geschlungene weiße Krawatte und die kurz gehaltene Frisur entsprechen der Mode um 1800. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog 2011, S. 68)

Schwäne im Schilf

Zwei Schwäne in einem Weiher, von Schilf umgeben, dazwischen der Mond als schmale Sichel und der Abendstern, sehr niedriger Horizont, violettes Dämmerlicht. Werkverzeichnis: Börsch-Supan/Jähnig 266

Selbstporträt des Johann Christian Fiedler

Brustbild des Johann Christian Fiedler hinter einer Brüstung. Der Kopf mit einer pelzbesetzten Zipfelmütze ist annähernd en face gegeben mit einer leichten Wendung zu seiner linken Seite. Das Pastell paraphrasiert ein früheres Selbstbildnis Fiedlers, auf dem der Maler ebenfalls einen goldgelben Hausmantel und eine Hausmütze mit Zipfel und Pelzbesatz trägt.

Johann Wolfgang von Goethe

Brustbild des Johann Wolfgang von Goethe, fast en face mit leichter Kopfwendung zu seiner linken Seite. Der Blick ist ebenfalls zur Seite gerichtet. Goethe trägt einen grauen Gehrock und ein weißes Tuch um den Hals. Julie von Egloffstein schuf das Bildnis als Teilkopie nach einer in Weimar befindlichen Kopie des berühmten Goethe-Bildnisses von Joseph Stieler, die Friedrich Dürck, ein Neffe Stielers im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern für Goethe angefertigt hatte. Werkverzeichnis: Hase 133

Elbinsel bei Pillnitz

Ansicht der Elblandschaft bei Pillnitz: Im Vordergrund Schilf, auf der Wasserfläche ein Kanu mit Figuren, links die Spitze der Elbinsel, im Hintergrund ein Uferstreifen. Die in lockeren, parallelen Bildstreifen entwickelte Impression gibt einen Ausschnitt der sommerlichen Elblandschaft bei Pillnitz wieder. Über die dichte, von Blumen gesprenkelte Vegetation am Ufer gleitet der Blick zum Fluss mit seinen Lichtreflexen, auf dem ein Kahn dahinzieht, und weiter zur Spitze der bewaldeten Elbinsel, zum gegenüberliegenden Ufer und den fernen Höhenzügen. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 40) Werkverzeichnis: Prause 282

Alchemist (Dr. Faustus)

Der Betrachter schaut in einen werkstattartigen, dunklen Raum; die Bildmitte nimmt ein gebeugter Greis, zwischen einer großen Tafel und einem Lehnstuhl stehend, dahinter tauchen aus dem Dunkel zwei weitere männliche Gestalten auf; die einzige Lichtquelle ist ein nicht weiter definierbarer Feuerball auf der besagten Tafel am linken Bildrand; davor taucht hinter einem Vorhang eine weitere männliche Gestalt in Rückenansicht auf, mit Hut und einem langen Umhang bekleidet, der das Geschehen zu beobachten scheint; zu seinen Füßen kauert ein Hund. Illustrierte Textstelle: Dr. Faustus Werkverzeichnis: Fossen 110

Lotte an Werthers Grab

Mit den »Leiden des jungen Werthers« (1774) erzielte der junge Goethe einen so überwältigenden Erfolg, dass in Kürze Nachdrucke und Übersetzungen folgten (französisch 1776, englisch 1779), eine Fülle von Illustrationen entstand und die Rezeption eingängiger Motive in Kunstgewerbe und Alltagskultur florierte. Remstaedes etwas unbeholfene Darstellung von Lotte, die in trauernder Haltung an Werthers Grabmal lehnt, belegt, dass auch dilettierende Künstler die Thematik aufgriffen. Das Trauer-Motiv kommt im Roman nur in einer Vision Werthers vor, fand aber, ausgehend von englischen und französischen Illustrationen, weite Verbreitung. Ausgangspunkt war ein 1783 datierter Stich von John Raphael Smith, der in steifer Manier Lotte mit einem Strohhut in einem Hain vor einem Grabmal mit Urne darstellt (1783; FDH, III-01389). Eine anmutigere Variante des sentimentalen Sujets ziert einen Fächer mit Deckfarbenmalerei aus der Zeit um 1790 (FDH, III-15023), dessen zentrale Figuration genau derjenigen von Remstaede entspricht. Stilistisch gleicht er der Meißner Porzellanmalerei mit Werther-Motiven, die um 1790 entstand. Wahrscheinlich gehen beide Versionen auf dieselbe Vorlage zurück.(Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 225)

Der Erlkönig

Der Vater mit seinem Sohn im Arm auf einem galoppierenden Pferd reitend, das Gewitter durch die sich im Wind biegenden Bäume verdeutlicht sowie den halb aus einer Wolkendecke herausragenden Mond. Darstellung, die ohne die schauerhafte Erscheinung des Erlkönigs und dessen Töchtern auskommt und somit die verzweifelte Situation, der Vater und Sohn ausgesetzt sind, völlig in den Fokus rückt. Illustrierte Textstelle: Erlkönig Werkverzeichnis: Nicht bei Mildenberger 1984

Sophie Bansa, geb. Streiber (1762-1842)

Die Dargestellte war verheiratet mit Johann Mathias Bansa (1758-1802), Inhaber des renommierten Bankhauses Bansa in Frankfurt. Nach dessen Tod leitete sie das Familienunternehmen von 1802-1815, da ihre Söhne noch minderjährig waren. Sophie Bansa und ihr Mann gehörten zum Freundeskreis J.W. Goethes 1814/15 und verkehrten beim Ehepaar Marianne und Johann Jakob von Willemer. [1] Ihre Mutter Maria Sophia (1731-1799), geb. Schmidt, war Klopstocks Cousine und Angebetete „Fanny“. Sie war wiederum befreundet mit Frau Rat Goethe, die ihr das Puppenhaus 1795 schenkte. Die Familie gehörte seit Generationen der Niederländischen Gemeinde Augsburger Confession an. Das Relief kam im Juni 1933 als Geschenk von Pfarrer Otto Bansa (1882-1943), einem Nachfahren der Familie, an das Freie Deutsche Hochstift. Otto Bansa war der Urenkel von Cleophea Bansa (1793-1875), der Schwiegertochter von Sophie Bansa. Er veröffentlichte 1912 eine Chronik zur Familie Bansa. [2] In den 1920er Jahren besuchte er häufiger die Bibliothek des Hauses und lieh sich – offensichtlich zu Forschungszwecken - Bücher aus. [3] [1] Vgl. Hock, Sabine: Bansa, Familie. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), http://frankfurter-personenlexikon.de/node/925 [2] Otto Bansa: Chronik der Familie Bansa: zur 300-jährigen Erinnerung an Mathias Bansa 1612-1912 und ders.: Ein Lebensbild in Briefen aus der Biedermeierzeit: zur Geschichte der Familie Bansa in Frankfurt am Main. Frankfurt 1912. [3] Vgl. Ausleihbuch der Bibliothek des Goethe-Museums, 1927 -1930, hier Besuche Bansas nachgewiesen in den Jahren 1927 und 1929

Goethe im Hausrock

Ganzfigur-Statuette von Goethe im Hausrock, stehend, die Hände auf dem Rücken verschränkt.

Kopf Goethes

Av. Goethes Kopf nach links, in der Umschrift: "GOETHE-JAHR-1932. FRANKFURT AM MAIN."; im Halsabschnitt signiert: "HIRZ". Am oberen Rand befindet sich eine Öse zum Aufhängen.

Goethe, in einer auf zwei Seiten abgestumpften Kugel

Die Medaille entstand wohl zum international gefeierten Gedenkjahr zum 100. Todestag Goethes im Jahr 1932. (Anja Heuß) Hergestellt, wer: Jakob M. Schwindt

Der Engel verlässt die Familie des Tobias

Das Gemälde stellt eine Episode aus der Geschichte des Tobias im Alten Testament dar (Tobias 12.1–22): Tobias war in Begleitung des Engels Raphael ausgezogen, um zur Heilung seines erblindeten Vaters einen Fisch zu fangen. Nach der Rückkehr strich er die Fischleber auf die Augen des Vaters, der daraufhin wieder sah. Die Familie wollte den Reisebegleiter des Sohnes belohnen, dieser gab sich jedoch als Engel zu erkennen und schwebte davon. Der Vater und der Sohn knieten nieder und lobten die Taten Gottes. [...]. Das Gemälde im FDH basiert auf der querformatigen Radierung Rembrandts zum gleichen Thema. Trautmann übernimmt die Gruppe der Familie, verkleinert jedoch deren Maßstab im Bild, rückt die Figuren enger zusammen und verstärkt verschiedene Gesten, um das Bildgeschehen zu verdeutlichen. Weiterhin ist die Komposition des Vorbilds zum Hochformat erweitert, und der bei Rembrandt nur halb sichtbare Engel in ganzer Figur wiedergegeben. Die Gesichtsbildung, die Malweise und das brauntonig-golden überhauchte Kolorit entsprechen Trautmanns typischem Personalstil. Das Gemälde ist somit ein anschauliches Beispiel für die Idee einer »berichtigten« oder »verbesserten« Nachschöpfung Rembrandts, die im 18. Jh. in der Kunstliteratur u. a. von Christian Ludwig von Hagedorn empfohlen und von verschiedenen Künstlern praktiziert wurde, und gleichermaßen dem starken Interesse der Sammler für den niederländischen Meister nachkam. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 328) Illustrierte Textstelle: Bibel, Altes Testament, Tobit 12,1-22 Werkverzeichnis: Kölsch (1999) G 14

Ungedeutete Szene (Tod und Himmelfahrt einer Heiligen)

Das genaue Thema des Gemäldes konnte bislang nicht identifiziert werden. Die am Boden liegende Frauengestalt und eine kleine Frauenfigur, die von Engeln gen Himmel getragen wird, deuten jedoch an, dass es sich um eine Darstellung des Todes und der Himmelfahrt einer Heiligen oder Seligen handeln dürfte. Die für Trautmann sichere Figurenbildung wie auch die Auffassung deuten an, dass der Künstler hierbei – vielleicht missverstehend? – wohl ein fremdes Vorbild aufgriff, möglicherweise eine Darstellung der alttestamentarischen Szene »Esther vor Ahasver«. Diese war in der Malerei des 17. und 18. Jh.s weit verbreitet und wurde bisweilen in ähnlicher Weise aufgefasst. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 328) Werkverzeichnis: Kölsch (1999) G 41

Schatzgräber in einer Ruine

Die durch eine Fackel beleuchtete Szene stellt eine nächtliche Geisterbeschwörung dar. Eine Schar von Schatzsuchern hat sich im Schutz einer Ruine und eines hohen Baumes eingefunden. In ihrer Mitte steht ein Magier im wallenden Gewand und in einem Zauberkreis mit Tierschädeln, einem Käuzchen, zwei Schlangen und Öllichtern. Er rezitiert aus einem Folianten die Zauberformeln, um einen Dämon herbeizurufen, der das Versteck des Schatzes verraten soll. Die ausgesprochen fein und effektvoll ausgeführte Komposition Trautmanns knüpft an eine spezifische Motivtradition der Barockmalerei an, für die als prägnante Beispiele Gemälde von Johann Heinrich Schönfeld zu nennen sind, etwa die »Schatzgräber vor einem antiken Grabmal« oder die »Schatzgräber vor römischen Ruinen« (Stift Kremsmünster, Oberösterreich bzw. Staatsgalerie Stuttgart; Pée 1971, Nr. 65 und 96). (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 332) Werkverzeichnis: Kölsch (1999) G 150

Dresden vom rechten Elbufer aus gesehen

Vollerdts 1756 datiertes Gemälde wiederholt eine Ansicht Dresdens vom rechten Elbufer, die sein Lehrer Johann Alexander Thiele 1726 radiert hatte. Die Topographie und der Lauf des Flusses, die Staffage mit Figuren und Booten, ja selbst Bäume und anderer Bewuchs sind getreu nach der Vorlage übernommen. Das Stadtbild Dresdens passte Vollerdt hingegen den zwischenzeitlichen Veränderungen an und fügte neu errichtete Gebäude wie die katholische Hofkirche und die Frauenkirche in die Vedute ein. Der sichere und kleinteilige Duktus, die naturnahe und atmosphärische Wirkung und das harmonische, sonnendurchflutete Kolorit verraten die Handschrift eines begabten und routinierten Künstlers. Das gemalte Monogramm auf dem Meilenstein ist in »Augustus Rex« aufzulösen, verweist also auf den regierenden Kurfürsten von Sachsen, Friedrich August II. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 341)

Der Vesuv

Ölskizze mit Blick auf den Vesuv vom Hafen von Neapel aus gesehen. Konzentration auf die Gestalt des Vulkans über dem Wasserspiegel unter Weglassung der Umgebung. Betonung eines flüchtigen Stimmungsbildes durch Licht- und Farbenspiel (Blau- und Violettöne).

Landschaft am Posillipo

Das Gemälde ermöglicht den Blick in eine weite, typisch italienische Landschaft. Von einer schattigen Erhebung schaut man über ein kleines Flußbett hinein in ein kleines Wäldchen, bis hin zu einer von Felsen gesäumten Meeresbucht. Als Staffage sind einige kleine Figuren über die Bildfläche verteil, rechts hinten erkennt man eine kleines von Zypressen umstandenes Häuschen. Werkverzeichnis: Weinrautner 266

Friederike Unzelmann, geb. Petersilie

Retzsch porträtiert Friederike Unzelmann, die ernst und versonnen am Betrachter vorbeiblickt, vor einer Säule und auf ein Postament gelehnt; im Hintergrund öff net sich eine weite Landschaft. Haltung und Kulisse entsprechen der Bildkonvention der Zeit. Der Habitus und die Requisiten deuten indes auf ein Rollenporträt als Muse Melpomene hin: Das weiße, über der Schulter von einer Spange gehaltene Kleid ist einem griechischen Chiton nachempfunden; im linken Arm der Schauspielerin wird eine ernste Theatermaske sichtbar und darunter, von dem roten Umhang halb verdeckt, der Knauf eines Schwertes – alles Attribute der Muse der Tragödie. So rückt Retzsch das Bildnis Friederike Unzelmanns in die Nähe klassischer Musen-Darstellungen. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 226)

David d' Angers modelliert die Büste Ludwig Tiecks

Das Gemälde ist die dritte eigenhändige Fassung des Sujets, das Vogel entscheidend verändert und weiterentwickelt hat. Die Raumstruktur wird großzügiger bemessen als in der Erstfassung, die Ausstattung mit Kunstobjekten verändert, das Kolorit nuanciert und der Personenkreis erweitert. Carl August Böttiger, Alexander von Ungern-Sternberg und Karl Förster kommen neu hinzu, und Carus wird durch Moritz Steinla ersetzt. Eine datierte Vorzeichnung mit demselben Motivbestand lässt auf das Entstehungsjahr 1836 schließen. Im selben Jahr gelangte zu Tiecks 63. Geburtstag die vollendete Marmorbüste nach Dresden (heute: Sächsische Landesbibliothek). Der Aufbau der Komposition ist bei aller Komplexität klar gegliedert. Der hellgrün getünchte Innenraum mit dem breiten Stuckfries wird durch ein Fenster von links oben beleuchtet, eine Lichtregie, die das Zentrum mit der Büste betont und die individuellen Züge der Dargestellten plastisch hervortreten lässt. Von links nach rechts gelesen, schiebt sich gleich am Bildrand eine große, umgekehrte Leinwand in den Raum und weist ihn als Maleratelier aus. Vogel zeigt sich im Selbstbildnis mit Hausrock und Nickelbrille neben der Leinwand; Palette, Pinsel und Malstock vergegenwärtigen den Akt der künstlerischen Produktion. Dabei schaut ihm der Shakespeare -Übersetzer Wolf Graf Baudissin über die Schulter. Links hinter dem Maler sitzt etwas abgesondert der klassische Philologe und Archäologe Carl August Böttiger, der zeitweise in Weimar lebte, wegen seines Hangs zur Intrige bei Schiller und Goethe in Ungnade fiel und mit dem Spottnamen »Magister Ubique« bedacht wurde. Unter dem Namen »Ubique« spielt er eine Rolle in Tiecks Novelle »Die Vogelscheuche« (Kat. Frankfurt 1999 (Dichter), S. 228). Die nächste Gruppe schart sich um die Büste Tiecks, die im Zentrum der Komposition auf einem dreibeinigen hölzernen Gestell steht, woran als Hinweis auf den Werkstoff ein Sack mit Gips lehnt. Die Büste in scharf konturierter Seitenansicht erinnert an David d’Angers Vorliebe für Porträts im Profil; für seine umfangreiche »Galerie des Contemporains« hielt er die Bildnisse berühmter Zeitgenossen in Reliefmedaillons fest. Eine Reihe dieser Medaillons schmückt, quadratisch gerahmt, die Fensterlaibung des Ateliers. Das große Fenster, das unten verhängt ist, um ein ideales Arbeitslicht zu erzeugen, gibt im oberen Teil den Blick auf den Himmel frei; es muss zur Elbe hinausgehen, da ein Schiffsmast mit rotem Wimpel und Segel sichtbar wird. Der kräftige Lichteinfall lässt die Züge der Gipsbüste plastisch hervortreten und hell aufleuchten. Der weiße Arbeitskittel des Bildhauers, der in der Erstfassung noch einen dunklen Rock trägt, fasst Werk und Schöpfer zu einer formalen und inhaltlichen Einheit zusammen, die durch die modellierende Geste unterstrichen wird. David d’Angers steht in eleganter Haltung auf einem Schemel, um die hoch gestellte Büste zu erreichen, doch die Erhöhung gilt auch dem Künstler selbst, zu dessen Ehren sich die Versammlung eingefunden hat. Ihn umringt eine Gruppe aufmerksamer Zuschauer: der Petrarca- und Tasso-Übersetzer Karl August Förster, der Altertumsforscher und Maler Otto Magnus Baron von Stackelberg, der Kupferstecher Moritz Steinla und der Unterhaltungsschriftsteller Alexander Freiherr von Ungern-Sternberg . Rechts ist im vollen Einfall des Tageslichts schließlich Tieck zu sehen, der »König der Romantik«, wie Friedrich Hebbel (vgl. IV-00480) ihn in seinem Nachruf nannte. Seine Erhöhung wird kunstvoll inszeniert: Auf einem Podest, das ein Teppich schmückt, thront er im dunklen Rock majestätisch auf einem Sessel. Hinter ihm neigt sich seine Tochter Dorothea in vertraulicher Haltung über die Lehne, in der Hand ein Buch, aus dem sie dem Vater während der ermüdenden Sitzung vorgelesen hat. Auf der anderen Seite nähert sich ein Knabe, der andächtig zu Tieck aufschaut und seine Hand ergreift. Das einzige Kind in der Gruppe ist Johannes Vogel von Vogelstein , der Sohn des Malers; beide werden durch das Grün ihres Gewands aufeinander bezogen. Vielleicht steht die Anwesenheit des Knaben mit dem frischen Gesicht in Zusammenhang mit der generellen Bedeutung des Kindes für die Frühromantik. Bedeutsam ist auch der große Gemäldekarton, der hinter Tieck an der Rückwand lehnt. Es ist der Entwurf für ein Altarbild mit der Madonna in den Wolken und zwei Heiligen, das Vogel 1830 in der Pillnitzer Schlosskapelle ausführte (vgl. Kat. Dresden 1988, Nr. 26). Als Vorbild diente unverkennbar Raffaels »Sixtinische Madonna« in der Dresdner Gemäldegalerie. Tieck und Vogel teilten die Verehrung für den »göttlichen« Raffael, der als Künstleridol der Romantik auch in effigie anwesend ist: Eine Kopie seines Selbstbildnisses in den Uffizien in Florenz ist programmatisch über dem Eingang des Ateliers angebracht. Als Frontispiz schmückt das Raffael-Porträt zwei der wirkungsmächtigsten Schriften der Frühromantik: Wilhelm Heinrich Wackenroders »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« (1796), die von Tieck herausgegeben wurden, und Tiecks eigenen Künstlerroman »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798). Huldigen Tieck und Vogel dem romantischen Ideal, wird David d’Angers antinomisch als Protagonist einer klassizistischen und realistischen Richtung vorgestellt, wie sie in der großen Büste zum Ausdruck gelangt. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 339-340)

Allegorie der Malerei

Unter dem rechten Arm der Frauengestalt wird die Maske der Imitatio sichtbar. Auf dem Tondo die Darstellung eines schlafenden Hirten. Die als "Allegorie der Malerei" gedeutete Darstellung zeigt eine junge Frau in einem losen Phantasiegewand, die mit dem Rücken zum Betrachter an einem ovalen Gemälde arbeitet, die Platette in der linken, den Pinsel in der rechten Hand. Die Maske an ihrer rechten Seite ist das Sinnbild der Imitatio, der täuschenden Nachahmung durch die Malerei (Pictura). Das nur zum Teil sichtbare Bild im Bild, eine mythologische Szene nach Ovids "Metamorphosen", stellt den schlafenden Argus und die in eine weiße Kuh verwandelte Io dar. Der Götterbote Merkur, welcher die Szene üblicherweise ergänzt, fehlt in dem Bildausschnitt. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 70-71) Illustrierte Textstelle (in Bezug stehend): Metamorphosen, Kapitel 7, Verse 622-688

Otto Volger. Miniaturbüste, Gipsabguss

Otto Volger (1822-1897) war Gründer des Freien Deutschen Hochstifts und Käufer des Elternhauses Goethes. Der Gipsabguß wurde von dem Stukkateur Anton Helfenbein abgeformt von der Originalbüste Otto Volgers im Besitz des Studienrates Erich Volger, seinem Erben. Sein Erbe ließ mehrere Gipsabformungen herstellen; eine dieser Abformungen diente als Vorlage zur Gedenktafel für Otto Volger zum 75. Jubiläum des Gründungstages des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter Goethe-Museums. (Anja Heuß). Der Abguss zeigt Volger als etwa 35jähriger Mann in zeitgenössischem Anzug, Schultern beschnitten.

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